Was bedeutet Gymnaestrada? Es ist ein Kunstwort und verbindet „Gymnastik/Turnen“, „strada“ (Strasse) und „estrada“ (Bühne). Die Weltgymnaestrada ist das größte internationale Breitensportfestival der Welt und wird alle 4 Jahre in einer anderen Stadt ausgetragen. Das Ziel der Veranstaltung ist es, Menschen aus aller Welt frei von Leistungsdruck und ohne Wettkampf zum Turnen zusammen zu bringen. Die Finanzierung der Weltgymnaestrada erfolgt zum größten Teil über den Teilnehmerbeitrag. Die SportlerInnen bezahlen Reise, Unterkunft Verpflegung und die Teilnahmegebühr aus eigener Tasche. Zusätzliche Unterstützung kommt von Sponsoren und ganz besonders bemerkenswert sind die vielen, vielen Stunden an ehrenamtlicher Arbeit aus den Vereinen.

Es war eine bunte, erlebnisreiche und tolle Woche.

Die Anreise am Samstag für 250 km betrug 5 Stunden. Zur Welcome-Party in Bregenz kamen wir jedoch noch rechtzeitig an.

Am Sonntag um 16.00 Uhr wäre die Eröffnungsfeier gewesen. Doch Petrus wollte nicht. Er schickte wolkenbruchartigen Regen, schwarze Wolken und Hagel. So hielten wir uns auf der Messe auf. Hier fanden in 8 Hallen gleichzeitig Vorführungen von knapp 300 Gruppen aus mehr als 69 Nationen statt. Die Aufführungen dauern jeweils 10 oder 15 Minuten, finden wahlweise mit oder ohne Geräteeinsatz statt und zeigen die geballte Vielfalt und Kreativität des Turnsports.

Doch wir waren bei den Länder-Großgruppenvorführungen dabei mit Auftritten am Montag, Dienstag und Donnerstag im Stadion von Bregenz. Diese Aufführungen sind eine Besonderheit der Weltgymnaestrada. Turnen in einer Gruppengröße von 200 bis 800 TurnerInnen übt eine ganz spezielle Faszination aus und bietet den Zuschauern eine unvergleichbare Darbietung, wenn ein ganzes Stadion bespielt wird. 10 Nationen begeisterten in einer 4stündigen Show, wobei Deutschland mit 600 Teilnehmern die stärkste Gruppe war. Die Show bestand aus 5 Teilen. Artisten, große bunte Gymnastikbälle, Scheckkarten und Einkaufstüten und zum Schluss eine Aerobic-Gruppe. Die einzelnen Darbietungen liefen ineinander über. Das Deutschlandbild kam beim Publikum sehr gut an und wurde von den Zuschauern als die beste Darbietung von allen bewertet.

Am Mittwochnachmittag war es endlich soweit. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel und die Eröffnungsfeier begann mit dem Einmarsch der Nationen (in Delegationskleidung), einem hervorragendem Show-Programm, Fahnen hissen und der österreichischen Nationalhymne. Dabei waren fast 20.000 Teilnehmer aus 69 Nationen. Aus Tonga kamen 2, Usbekistan 4, Deutschland als zweitgrößte Nation mit 2.228 Teilnehmern. Die größte Gruppe kam aus der Schweiz mit 3.040 TurnerInnen.

Noch ein absolutes Highlight ist das World-Team. Eine Großgruppenvorführung, bei der TurnerInnen der ganzen Welt teilgenommen haben. Die Choreografie wurde 2017 zur Verfügung gestellt und konnte auf allen Kontinenten von den Teilnehmern selbst geprobt werden. In Dornbirn nahmen 1.920 TurnerInnen aus allen Kontinenten der Welt an dieser gemeinsamen berührenden Schau teil.

Zusätzlich gab es rund um Dornbirn in 8 Städten noch Stadtvorführungen und spezielle Länderabende. Am Dienstag waren wir beim Deutschen Abend. Das Programm begann mit unserer Nationalhymne – das war Gänsehautfeeling. Ein phantastisches Programm, wenn man überlegt, dass das alles Amateure sind.

Und noch ein tolles Erlebnis. Wir Gymnastrada-Teilnehmer durften für einen kleinen Obolus auf der Seebühne in Bregenz die Generalprobe von „Rigoletto“ erleben. Etwas anders als eine Vorführung trotzdem interessant. Es ging bis 24.00 Uhr und war ziemlich kalt.

Wir waren jeden Tag von früh morgens bis abends spät unterwegs. Unsere Schule in Riedenburg lag günstig. Eine Haltestelle mit dem Zug nach Bregenz. Zur Messe brauchten wir mit Bahn und Bus eine halbe Stunde.

Wir teilten uns ein Klassenzimmer mit 8 Möglingern, die wir schon von anderen Großveranstaltungen kannten. Am Sonntag beim Anstehen zum Frühstück standen wir 70 Minuten in der Schlange – doch ab dem 2. Tag ging’s flotter. Die vielen Helfer hatten dazu gelernt. Ein gebrochener Mittelzeh und eine undichte Luftmatratze (gleich eine Neue gekauft) waren zwar nicht nötig, haben aber nicht die Freude verdorben.

Die Vorarlberger waren uns sehr freundlich gesinnt und sehr interessiert. Wir haben einen Ausflug auf den Pfänder (Bregenz) und den Karren (Dornbirn) gemacht, und das Schönste war – wir waren nie allein unterwegs. Mal mit deutschsprachigen Teilnehmern aber auch öfters mit Engländern, Brasilianern, Amerikanern, Franzosen und vielen mehr. Wir waren EINE FAMILIE!!!

Ganz besonders möchten wir uns beim Vorstand des Turnvereins für die sehr großzügige finanzielle Unterstützung bedanken. 2021 ist das Internationale Deutsche Turnfest in Leipzig und 2023 die Weltgymnaestrada in Amsterdam – und wir werden gesund und munter (hoffentlich) wieder aktiv dabei sein.

Karin Koenig